Teil 2: Preisgekrönte Forschungsarbeiten
Mit dem Ziel, die wissenschaftliche Arbeit in der Physiotherapie und eine Akademisierung des Berufsstandes zu unterstützen, kürt der IFK seit 2005 jedes Jahr in feierlichem Rahmen die besten Abschlussarbeiten aus Studiengängen der Physiotherapie. Beim diesjährigen 12. Tag der Wissenschaft erhielten vier Bachelor-Absolventen einen der begehrten IFK-Wissenschaftspreise.
Die Forschungsergebnisse der Preisträgerinnen und Preisträgern geben interessante Antworten auf aktuelle physiotherapeutische Fragestellungen. Diese möchten wir Ihnen natürlich nicht vorenthalten und stellen die einzelnen Abstracts der preisgekrönten wissenschaftlichen Arbeiten noch einmal vor.Die zweite Preisträgerin der Serie ist Carina Ziller (hsg Bochum), die mit ihrer Bachelorarbeit zum Thema „Variabilität der Frailty-Prävalenz gemäß Fried Phänotyp in Abhängigkeit der Erhebungsmethode körperlicher Aktivität“ den 2. Preis in der Kategorie „Klinische Forschung“ erhielt:
Hintergrund: Die Prävalenz von Frailty variiert in der Literatur stark. Der Fried Phänotyp ist ein häufig angewandtes Assessment zur Bestimmung des Frailty-Zustands. Die Vergleichbarkeit der Prävalenzen ist dadurch limitiert, dass der Phänotyp oftmals modifiziert wurde, vor allem das Kriterium körperlicher Aktivität.
Ziel: Zweck dieser Studie war es, die Variabilität der Frailty-Prävalenz nach der Fried Definition in Abhängigkeit der Erhebungsmethode körperlicher Aktivität darzustellen sowie erste Einschätzungen hinsichtlich der Validität der Erhebungsinstrumente zu geben.
Methoden: Eine Querschnittstudie wurde in physiotherapeutischen Einrichtungen in (Stadt anonymisiert) bei zu Hause lebenden älteren Menschen (≥ 65 Jahre) durchgeführt. Probanden trugen über eine Woche einen Akzelerometer, anschließend wurden Frailty Phänotyp und Frailty Index sowie Fragebögen körperlicher Aktivität (International Physical Activity Questionnaire, German Physical Activity Questionnaire 50+, Physical Activity Scale for the Elderly, Seven Day Physical Activity Recall) erhoben. 19 verschiedene Phänotypen wurden durch Modifikation des Kriteriums körperlicher Aktivität kreiert. Basis bildeten sechs unterschiedliche Erhebungsinstrumente sowie drei unterschiedliche Cut-Off-Wert-Modelle (ursprünglich definierte Werte, spezifische Werte, allgemeine Empfehlungen körperlicher Aktivität). Prävalenzwerte und Ergebnisse der Erhebungsmethoden körperlicher Aktivität wurden deskriptiv analysiert. Zusammenhänge zwischen Phänotypen und Index sowie zwischen den Erhebungsinstrumenten untereinander wurden interferenzstatistisch ausgewertet.
Ergebnisse: 16 Probanden wurden in die Datenauswertung eingeschlossen. Innerhalb der verschiedenen Phänotyp-Varianten reichte die Frailty-Prävalenz von 25 % (95 % CI: 16,92-42,76 %) bis 37,5 % (CI: 27,48 - 52,36 %) für die Kategorie frail und von 25 % (95 % CI: 16,92 - 42,76 %) bis 62,5 % (95 % CI: 48,66 - 71,49 %) für die Kategorie pre-frail. Die Erfüllung des Kriteriums körperliche Aktivität variierte von 0 bis 100 %. Die Phänotyp-Varianten korrelierten unterschiedlich gut mit dem Frailty Index (ρ = 0,872 – 0,921). Der IPAQ zeigte gute Korrelation (r = 0,890) mit dem Akzelerometer.
Schlussfolgerung: Die Studie lieferte erste Ergebnisse über die Variabilität der Frailty-Prävalenz, die durch stark unterschiedlich häufige Erfüllung des Kriteriums körperlicher Aktivität entstand. Dies war hauptsächlich bedingt durch Verwendung unterschiedlicher Cut-Off-Werte (sowohl spezifischer als auch MVPA-Empfehlungen). Um den Gebrauch des Phänotyps als Frailty Assessment im klinischen Setting weiter voranzutreiben sowie Frailty-Prävalenzstudien besser vergleichen zu können, ist eine Standardisierung von populationsunabhängigen Erhebungsmethoden notwendig.