IFK-Sachverständigenkommission

Die richtige Expertise vor Gericht

Mit der Gründung einer Sachverständigenkommission baut der IFK eine Liste an Physiotherapeuten für den Einsatz als Sachverständiger vor Gericht auf. Aus allen Fachbereichen der Physiotherapie sollen dafür interessierte und qualifizierte Therapeuten als Sachverständige ausgebildet werden. Ein erstes Schulungsseminar hat bereits stattgefunden. 

Eine Notwendigkeit dafür sieht der IFK, da Gutachtertätigkeiten im Falle eines Gerichtsverfahrens gegen Physiotherapeuten in der Vergangenheit oftmals durch Sachverständige aus der Berufsgruppe der Mediziner ausgeführt wurden. Dies ist jedoch, durch den vor einigen Jahren in mehreren Urteilen beschriebenen Grundsatz der fachgleichen Begutachtung, nicht sachgerecht.

Die juristische Leitung der IFK-Sachverständigenkommission übernimmt der stellvertretende Geschäftsführer des IFK und Leiter des Referats Recht Ass. jur. Marc Balke, die fachliche Leitung Jan Neuer, Physiotherapeut und Heilpraktiker (Physiotherapie) sowie Sachverständiger/Gutachter.

In einem eintägigen Seminar erhielten die angehenden Sachverständigen Ende Juni wichtige Informationen über die Voraussetzungen, Aufgaben und Pflichten von Sachverständigen, die Grundsätze schriftlicher und mündlicher Gutachten und das Aufgabengebiet in Zivil- und Strafrecht. Anhand von Fallbeispielen wurden zudem Inhalte von Gutachten durch Darlegung physiotherapeutischer Standards erörtert. Im Anschluss an das Seminar folgte eine schriftliche Prüfung, in der sowohl die Seminarinhalte geprüft als auch die fachlichen und sprachlichen Fähigkeiten der Teilnehmer gefordert wurden.

Nach Auswertung der Prüfungsunterlagen werden geeignete Sachverständige in die Kommission berufen. Die Berufung erfolgt dabei vorerst für fünf Jahre. In regelmäßigen Kommissionstreffen sollen vergangene Fälle und Gutachten nachbereitet und die aktuelle Rechtsprechung erörtert werden. Die gewissenhafte Ausführung ihrer Sachverständigentätigkeit ist Voraussetzung für die Aufnahme in die Kommission.

Aufgaben als Sachverständiger

Bei Anfragen von Gerichten prüft die Kommission, welcher Sachverständige für die konkrete Gutachtertätigkeit geeignet ist, und schlägt diesen vor. Die Gerichte fordern dann in der Regel die Erstellung von schriftlichen Gutachten oder laden zu Gerichtsterminen zur mündlichen Stellungnahme ein. Nach Einreichung eines schriftlichen Gutachtens ist es für Sachverständige möglich, auch zur Hauptverhandlung geladen zu werden. Zur Bearbeitung des Falls und Erstellung des Gutachtens wird dem Sachverständigen im Vorfeld die gesamte Gerichtsakte zur Verfügung gestellt.

Ein Vorwurf gegen Physiotherapeuten ist häufig fahrlässige Körperverletzung. Dazu gehören vermeintlich durch den Behandler verursachte Rippenfrakturen, Rupturen von Kreuzbandplastiken, Sehnennähten etc. oder auch Schlaganfälle. Jedoch kann auch das Übersehen einer ernsthaften Erkrankung (Ewing-Sarkom des Unterschenkels, Aortenaneurysma etc.) ein Klagepunkt sein. 

Hauptaufgabe des Sachverständigen ist es, zu beurteilen, ob Anamnese, Untersuchung und Therapie den gängigen therapeutischen Standards entsprochen haben. Dies setzt die fundierte Kenntnis des Therapeuten darüber voraus, welche physiotherapeutischen Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt der Erkrankung ergriffen werden dürfen. Darüber hinaus bewertet er, ob sämtliche Sorgfaltspflichten des Therapeuten eingehalten wurden. Hierzu gehören neben der Aufklärungspflicht, der Einholung der rechtfertigenden Einwilligung und der Behandlungsdokumentation auch die Einhaltung von Hygienepflichten und Datenschutzregelungen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Frage, ob der Therapeut für die Durchführung der Maßnahme qualifiziert war und ob die durchgeführten Maßnahmen dem Behandlungsauftrag (Verordnung) entsprochen haben.

Oberstes Gebot für die Erstellung von Gutachten ist die absolute Unvoreingenommenheit und Neutralität des Sachverständigen. Grundvoraussetzung ist die Kenntnis von Leitlinien und therapeutischen Standards sowie die Fähigkeit zum Research der relevanten Studien zum jeweiligen Thema. Ein Auftrag muss abgelehnt werden, wenn der Sachverständige befangen ist, beispielsweise durch persönlichen Kontakt zu einer der Parteien. Aufträge sind immer mit einer vom Richter zu bestimmenden Abgabefrist zu terminieren, diese umfasst in der Regel drei Monate.


 

Marc Balke

Referatsleiter Recht und stellvertretender Geschäftsführer
Tel.
0234 97745-0
Fax
0234 97745-525
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Jan Neuer

Stellv. Vorsitzender des Vorstands und fachlicher Leiter der Sachverständigenkommission
Tel.
0234 97745-43
Fax
0234 97745-525
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Jan Neuer ist selbstständiger Physiotherapeut und Inhaber einer eigenen Praxis in Recklinghausen. In seiner Rolle als stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes ist er verantwortlich für die Themenbereiche Finanzen und Fortbildung. Außerdem ist er als Leiter der IFK-Sachverständigenkommission sowie als Vorsitzender des IQH tätig.