Physiotherapie - Berufsbild

Die Physiotherapie ist ein elementarer Baustein der Gesundheitsversorgung in Deutschland. Sie begleitet Menschen in jeder Lebensphase und leistet einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität.
Zentral in der Arbeit eines Physiotherapeuten steht der individuelle Mensch mit seinem Gesundheitsanliegen. Dieses Anliegen kann sich auf die Wiederherstellung, die Verbesserung oder den möglichst langfristigen Erhalt von körperlichen Funktionen bzw. die Vermeidung von funktionellen Einschränkungen beziehen. Oberstes Ziel ist es, dass der Betroffene im größtmöglichen Umfang den Aktivitäten seines täglichen Lebens nachgehen und hierdurch am sozialen Leben in seinem Umfeld teilnehmen kann. Ein Physiotherapeut ist ausgewiesener Experte für den menschlichen Bewegungsapparat, bezieht in seine Behandlung darüber hinaus aber auch andere organische Strukturen, wie z. B. die Atmungsorgane oder das Herz-Kreislaufsystem, ein, um gemeinsam mit dem Patienten die Funktionalität des Körpers und die Teilhabe am täglichen Leben zu fördern.

In der Physiotherapie werden die physiologischen, also die körperlichen, Wirkmechanismen genutzt, um den Körper durch gezielte Reize zur Selbstheilung und Kräftigung anzuregen, um bestehende Gesundheitsprobleme zu beheben oder sie zumindest in ihrem Ausmaß einzudämmen. In vielen Fällen kann so der Medikamentenbedarf reduziert und Operationen vermieden werden.

Besteht ein aktuelles Gesundheitsproblem wird vom Patienten zunächst ein Arzt konsultiert, der dann gegebenenfalls eine physiotherapeutische Behandlung verordnet. Auf Basis der ärztlichen Verordnung führt der Physiotherapeut eine physiotherapeutische Diagnostik durch bzw. erstellt einen physiotherapeutischen Befund. Hierzu befragt er den Patienten – oder gegebenenfalls eine relevante Bezugsperson – gezielt zu seinem Krankheitsgeschehen und dem damit verbundenen Gesundheitsanliegen. Anschließend führt er eine körperliche Untersuchung durch.

Die Ergebnisse des physiotherapeutischen Befunds bzw. der Diagnostik dienen als Grundlage für die Behandlungsplanung. Zur Planung wird gemeinsam mit dem Patienten und eventuell seiner Bezugsperson das Therapieziel festgelegt.
 
Die Ziele der physiotherapeutischen Behandlung können je nach Gesundheitszustand und Anliegen des Patienten unterschiedlich ausgerichtet sein. Nicht alle körperlichen Funktionseinschränkungen lassen sich durch physiotherapeutische Maßnahmen vollständig wiederherstellen. Manche Krankheitsbilder haben einen chronischen Verlauf und sind in ihrer Ursache nicht vollständig zu behandeln. Neben der Heilung können daher auch Linderung oder Unterstützung von körperlichen Funktionen übergeordnetes Ziel der Physiotherapie sein, ebenso wie das Vermeiden von Spätfolgen verursacht durch ein bestehendes Gesundheitsproblem.

Wenn erforderlich, nimmt der Therapeut Kontakt zu anderen medizinischen Berufsgruppen auf, die am Behandlungsprozess beteiligt sind (Hausarzt, Fachärzte, Ergotherapeuten, Pflege etc.), um sein therapeutisches Handeln mit diesen abzustimmen.

Ohne ärztliche Verordnung können Präventions- und Wellnessangebote vom Physiotherapeuten durchgeführt werden. Hierzu zählen z. B. Sport- und Bewegungsangebote, Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung, Entspannungsmassagen etc.

Zur Erreichung der gesetzten Therapieziele steht dem Therapeuten ein breites Angebot an Werkzeugen zur Verfügung, aus dem er geeignete Maßnahmen wählen und in seinem Behandlungsplan kombinieren kann.

Passive Behandlungsmethoden:     Passive Maßnahmen werden in erster Linie durch den Therapeuten ausgeführt und erfordern nur wenig körperlichen Einsatz von einem Patienten. Ein Beispiel hierfür sind Massagen oder die passive Mobilisation von Gelenken.
Aktive Behandlungsmethoden: Bei aktiven Therapiemethoden werden vom Patienten Übungen aktiv ausgeführt. Der Therapeut nimmt eine anleitende bzw. unterstützende Rolle ein.
Physikalische Therapie: 

Maßnahmen der physikalischen Therapie werden in der Regel ergänzend zu anderen aktiven oder passiven physiotherapeutischen Methoden angewendet. Zumeist werden hierbei äußere Reize gesetzt, die auf Gewebestrukturen einwirken, wie z. B. Ultraschallwellen, Elektrostimulation oder Wärme-/Kälteanwendungen.

Darüber hinaus ist es bei jeder Art von Therapie unerlässlich, dem Patienten (bzw. seinen Angehörigen) Informationen und Ratschläge mit an die Hand zu geben, um möglichst selbstständig und eigenverantwortlich mit einem bestehenden Gesundheitsproblem umzugehen.

Im Wesentlichen lassen sich vier Arbeitsfelder der Physiotherapie differenzieren:

Präventiv: Vorbeugende Maßnahmen werden angeboten, um der Entstehung von Gesundheitsproblemen vorzubeugen (primärpräventiv). Daneben können sie bei Erkrankungen in einem frühen Stadium darin unterstützen, diese zu vermeiden oder den Krankheitsverlauf zu mildern (sekundärpräventiv). Beispiele hierfür sind Sport- und Bewegungskurse, Schulungsangebote oder Maßnahmen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement.
Kurativ: Der Physiotherapeut unterstützt durch entsprechende Maßnahmen den Genesungsprozess eines akut oder chronisch bestehenden Gesundheitsproblems, z. B. durch die Behandlung von Rückenschmerzen oder in der Akutphase nach einer Operation.
Rehabilitativ: Nach längerfristiger und gravierender krankheitsbedingter Einschränkung des Arbeits- und/oder Soziallebens gilt es, gemeinsam mit dem Patienten intensiv an verbliebenen Einschränkungen und der allgemeinen körperlichen Belastbarkeit zu arbeiten, so dass der gewohnte Lebensrhythmus wieder aufgenommen werden kann. Rehabilitative Maßnahmen können sowohl ambulant in der physiotherapeutischen Praxis als auch in einer stationären Rehaklinik durchgeführt werden.
Palliativ: Ist aufgrund der Erkrankung eines Patienten keine Heilung zu erwarten, so richten sich die therapeutischen Ziele auf die Linderung der jeweiligen Beschwerden und den Erhalt von Lebensqualität. Häufig handelt es sich hierbei um die therapeutische Begleitung von Patienten am Ende ihres Lebens.

Abgedeckt werden diese Felder in den unterschiedlichsten Arbeitsumgebungen. Krankenhäuser, Praxen, Hospize, Rehakliniken, Sportvereine, Schulen oder Kindergärten sind Beispiele für Orte, an denen ein Physiotherapeut nach Beendigung seiner Ausbildung tätig werden kann. Immer wichtiger wird dabei die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit physiotherapeutischen Kollegen sowie die interprofessionelle Zusammenarbeit mit anderen Berufen. Neben der fachlichen Tätigkeit besteht die Möglichkeit, seine Fachkompetenz in Lehre und Forschung einzusetzen, um das Berufsfeld Physiotherapie weiterzuentwickeln.

Manche Therapiemethoden/-konzepte erfordern zur Anwendungsberechtigung die Teilnahme an einer zertifizierten Weiterbildung. Das bedeutet, sie dürfen nur von Therapeuten durchgeführt werden, die an einer entsprechenden, zertifizierten Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen haben. Die erworbenen Fachkenntnisse müssen in der Regel in einer Prüfung nachgewiesen werden.

Zu den zertifikatsgebundenen Therapieangeboten zählen derzeit:

  • Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage bei Erwachsenen oder Kindern (PNF, Bobath, Vojta)
  • Manuelle Therapie
  • Manuelle Lymphdrainage
  • Gerätegestützte Krankengymnastik