Schöngerechnet

Bundesregierung bagatellisiert Versorgungssituation mit Heilmitteln

Steigende Ausgaben für Heilmittel, mehr Berufsangehörige und steigendes Vergütungsvolumen durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – daraus schließt die Bundesregierung völlig zu Unrecht eine stabile Lage der Heilmittelerbringer in Deutschland und bagatellisiert eine Kleine Anfrage einiger Abgeordneter der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN nach der prekären Einkommenssituation der Heilmittelerbringer. Wesentliche Entwicklungen der letzten Jahre hinsichtlich der physiotherapeutischen Versorgung der Patientinnen und Patienten in Deutschland bleiben auf der Strecke.

Die Antworten der Bundesregierung weisen erhebliche statistische Schwächen auf. So beschränken sich verlässliche Daten zur Einkommenssituation der Heilmittelerbringer lediglich auf den stationären Bereich und Praxen mit mehr als zehn Mitarbeitern. Der Großteil der Physiotherapeuten arbeitet jedoch in nicht berücksichtigten kleinen Praxen, bei denen die Verdienststruktur im Durchschnitt deutlich geringer ausfällt. Daher wird der von der Bundesregierung genannte Wert mit durchschnittlich 31.151 Euro brutto pro Jahr zu hoch ausgewiesen. Der in der Wirtschaftlichkeitsumfrage des Bundesverbands selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V. ermittelte Bruttoverdienst weicht mit jährlich nur 26.554 Euro deutlich davon ab. Da 79 Prozent der Berufsvertreter weiblich sind, resultiert aus der schlechten Vergütungssituation von Physiotherapeuten zudem eine strukturelle Benachteiligung von Frauen.

Praxisgewinne stagnieren

Der Zuwachs an Heilmittelausgaben in der GKV ist überwiegend morbiditätsbedingt, also auf den steigenden Bedarf an therapeutischen Leistungen zurückzuführen, der sich in einer älter werdenden Gesellschaft noch verstärken wird. Ein Indiz für die Rentabilität der Heilmittelpraxen und für die dort gezahlten Gehälter ist dies jedoch keineswegs, da die Menge der Behandlungen nichts am niedrigen Preis für die einzelne Behandlungseinheit ändert. Die Bundesregierung lässt zudem unberücksichtigt, dass die Praxiskosten laut IFK-Wirtschaftlichkeitsumfrage ebenfalls stark gestiegen sind, so dass die Gewinne trotz höherer Umsätze in den letzten Jahren stagnierten. Eine Antwort bleibt die Regierung auch hinsichtlich der regionalen Verteilung der Heilmittelerbringer schuldig und blendet damit die Problematik der zunehmenden Unterversorgung in ländlichen Gebieten aus.

Dies führt zu der entscheidenden und bisher nicht beantworteten Frage: Wie stellt die Bundesregierung konkret und sofort sicher, dass die lebenswichtige Versorgung mit Heilmitteln auch für die Zukunft garantiert ist? Voraussetzung dafür ist unzweifelhaft eine auskömmliche Finanzierung der Heilmittelversorgung. Der Spitzenverband der Heilmittelverbände (SHV) fordert die Politik daher zu schnellem Handeln auf, anstatt die Augen vor der Realität zu verschließen.

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