Berufspolitisches Update beim Forum Ost: Mit Spannung wartet die Branche auf den Start der Blankoverordnung
Mit dem IFK-Forum Ost ist Mitte September die Reihe der IFK-Regionalforen für dieses Jahr zu Ende gegangen. Auch dieses Jahr war der Teilnehmerandrang in Leipzig groß.
Anders als auf den Foren in Hamburg und München konnten die IFK-Vertreter nun die Blankoverordnung nicht nur ankündigen, sondern im Detail vorstellen. Nicht zuletzt deswegen versammelten sich rund 100 Mitglieder und Interessierte, um sich über branchenrelevante und berufspolitische Themen informieren zu lassen und auszutauschen.
Ausführlich ging IFK-Geschäftsführer Dr. Björn Pfadenhauer bei seinem Vortrag auf die Blankoverordnung und ihre Auswirkungen auf den Praxisbetrieb ein. Im Unterschied zur konventionellen Verordnung dürfen Physiotherapeuten ab dem 1. November 2024 bei über 100 Diagnosen im Bereich der Schulter die Art der Heilmittel sowie die Anzahl und Frequenz der Behandlungseinheiten selbst bestimmen. Dies bedeutet für die Praxen einen veränderten Arbeitsablauf, aber auch die Verantwortung steigt.
Einen besonderen Fokus legte Pfadenhauer im Vortrag auf den Ablauf einer Blankoverordnung. Denn neu sind nicht nur mögliche Wahloptionen bei der Art des Heilmittels, sondern auch drei neue Leistungspositionen. Neben einer Pauschale für den bürokratischen Mehraufwand, die Praxen für jede Blankoverordnung abrechnen können, werden die „physiotherapeutische Diagnostik“ sowie die „Bedarfsdiagnostik“ eingeführt. „Diagnostik ist ein Begriff, der in der Vergangenheit gerne den Ärzten zugesprochen wurde“, erklärte Pfadenhauer. „Mit der Blankoverordnung haben wir dieses Wort jetzt schwarz auf weiß auch für Physiotherapeuten besetzen können.“ Denn mit der physiotherapeutischen Diagnostik und der Bedarfsdiagnostik gibt es erstmalig abrechenbare Diagnostikpositionen für die Physiotherapie im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen.
Die physiotherapeutische Diagnostik stellt dabei einen Pflichtbestandteil der Blankoverordnung dar und muss vor der Behandlungsserie durchgeführt werden. Auf ihrer Basis erstellt der Physiotherapeut den Therapieplan. Die Bedarfsdiagnostik kann im Laufe der Behandlungsserie – als Zwischendiagnostik zur Bewertung des Therapieverlaufs – oder als Abschlussdiagnostik zum Ende der Therapie einmal durchgeführt werden.
Auch wenn die Blankoverordnung momentan ein großes Thema ist, kamen andere Themen beim Forum Ost nicht zu kurz. So informierte Dr. Pfadenhauer die Teilnehmer auch über den Stand der Reform des Berufsgesetzes für die Physiotherapie sowie über das laufende Klageverfahren gegen die Schiedsstelle Heilmittel. Hier haben die maßgeblichen Physiotherapieverbände beim Bundessozialgericht (BSG) Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg eingelegt. Die Verbände erhoffen sich von der Revision, dass das BSG das Urteil des LSG zu einigen Aspekten aufhebt und dieses verpflichtet, dazu neu zu entscheiden. Dabei geht es vorrangig darum, dass bestimmte sogenannte preisbildende Parameter zugunsten der Physiotherapeuten verändert werden, was zu einer Erhöhung der Vergütung führen würde. Inhaltlich werden unter anderem Entscheidungen des LSG zur Begründungspflicht der Schiedsstelle, zum Gestaltungsspielraum dieser bei der Ermittlung der Personalkosten und zur Nichtberücksichtigung eines Betrags für das Unternehmerrisiko angegriffen. „Erst nach dem Verfahren können wir wirklich wissen, welche Auswirkungen das Urteil für die Branche hat. Das kann aber zwei, drei Jahre dauern“, so Pfadenhauer. „Ich kann Sie daher nur um Geduld bitten.“
Auch in Sachen Berufsgesetz konnten leider keine positiven Nachrichten verkündet werden. Nach dem Vorabentwurf für einen Referentenentwurf, der seit einiger Zeit kursiert, gab es keine Fortschritte zu verzeichnen. Klar sei jedoch, dass sich die Physiotherapiebranche auf eine Teilakademisierung einstellen müsse, da die Bundesländer eine Vollakademisierung nicht finanzieren wollen. Eine Integration der Zertifikate „MLD“ und „KG-Gerät“ in die schulische Ausbildung sei jedoch zu erwarten. Angesichts des Tempos, das die Politik bei der Formulierung des Berufsgesetzes an den Tag legt, ist jedoch fraglich, ob in dieser Legislaturperiode das Physiotherapiereformgesetz überhaupt noch auf den Weg gebracht wird. „Das Gesetz ist notwendig“, meinte Pfadenhauer dazu, „Aber Stand heute glaube ich nicht, dass dieses Berufsgesetz noch in dieser Legislatur das Licht der Welt erblickt.“
Vor dem Update aus Verband und Politik hatten die Gäste, wie bei jedem Forum, die Möglichkeit, an einer Fortbildung teilzunehmen. In diesem Jahr referierte Prof. Dr. Christian Kopkow von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg über das Thema „Evidenzbasierte physiotherapeutische Versorgung von Personen mit Hüft- oder Kniegelenksarthrose". Er zeigte auf, welche standardisierten Programme es für die evidenzbasierte und leitliniengerechte Versorgung von Patienten mit Hüft- oder Kniegelenksarthrosen gibt und stellte weitere Optionen für die Behandlung, auch unter Verwendung digitaler Technologien, vor.