Die Bundestagswahl – was sagen die Parteien zum dualen Krankenversicherungssystem?

Der IFK formulierte eine Reihe wichtiger Forderungen vor der kommenden Bundestagswahl. Zugleich baten wir Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/Die Grünen), Maria Michalk (CDU), Kathrin Vogler (Die Linke), Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Hilde Mattheis (SPD), uns die gesundheitspolitischen Positionen ihrer Parteien mit Blick auf die Physiotherapie darzulegen.

Heute geht es in unserer Reihe "Die Bundestagswahl – Fragen an die Politik" um die Frage, ob aus Sicht der Parteien das Konzept des dualen Krankenversicherungssystems beibehalten werden soll:
Planen Sie, an dem Konzept des dualen Krankenversicherungssystems festzuhalten und befürworten Sie Kontinuität hinsichtlich des jährlichen Bundeszuschusses zur Gesetzlichen Krankenversicherung?
Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/Die Grünen):
„Wir wollen den gespaltenen dualen Versicherungsmarkt beenden. Jeder hat Anspruch auf gute Versorgung auf dem Stand des medizinischen Fortschritts. Dadurch, dass alle sich beteiligen, kann auch in Zukunft gute Versorgung für alle finanziert werden. Dazu gehört auch eine bessere Vergütung der Heilmittelerbringer. Dafür schaffen wir eine Bürgerversicherung, die eine stabile, verlässliche und gerechte finanzielle Basis für unser Gesundheitswesen sichert. So können sich auch in der Zukunft alle Menschen zu bezahlbaren Beitragen versichern und werden gut versorgt. Anders als in der Vergangenheit die Große Koalition werden wir den Bundeszuschuss nicht reduzieren.“

Maria Michalk (CDU):
„Ja, am dualen Krankenversicherungssystem halten wir fest. Aus gutem Grund: Der Vergleich zwischen der GKV und der PKV bringt sowohl für gesetzlich als auch für privat Versicherte Vorteile. Der Leistungskatalog würde niemals so schnell Innovationen aufnehmen, wenn es diesen Vergleich nicht mehr gäbe. Die Bürgerversicherung führt letztlich zu einem viel schmaleren Leistungskatalog. Der jährliche Bundeszuschuss zur GKV ist ab 2017 auf 14,5 Milliarden Euro festgeschrieben. Das schafft Planungssicherheit. Wir befürworten Kontinuität, auch wenn volle Kassen manchen Akteur zur Forderung nach Reduzierung des Bundeszuschusses verleiten.“

Kathrin Vogler (Die Linke):
„Nein, wir wollen die Solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung für alle Menschen in Deutschland. Nur so können gerechte Krankenversicherungsbeiträge für alle hergestellt werden und nur so ist die Zwei-Klassen-Medizin zu bekämpfen. Auch in Physiotherapiepraxen gibt es ja zumindest Anreize, Menschen aufgrund ihres Versicherungsstatus unterschiedlich zu behandeln. Mehr zu unserem durchgerechneten Konzept (z. B. ein wissenschaftliches Gutachten zu den Folgen und einen Beitragsrechner) finden Sie unter linksfraktion.de/gesundheitsversicherung. Den Bundeszuschuss wollen wir verstetigen und dynamisieren.“

Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP):
„Wir Freie Demokraten stehen für Eigenverantwortung und Solidarität im Gesundheitssystem, in dem die Wahlfreiheit des Versicherten durch Kassenvielfalt gewährleistet ist. Dazu setzen wir uns neben einer starken privaten Krankenversicherung (PKV) auch für eine freiheitliche gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ein. Einer als „Bürgerversicherung“ getarnten staatlichen Zwangskasse erteilen wir eine klare Absage. Staatlich organisierte und rationierte Zuteilungsmedizin führt langfristig zu einer drastischen Verschlechterung der Versorgung der Bevölkerung und verschärft die demografischen Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung. Jede Bürgerin und jeder Bürger soll frei und unabhängig vom Einkommen wählen können, ob sie oder er sich für den Versicherungsschutz bei der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Anbieter der privaten Krankenversicherung entscheidet. Hierbei wollen wir die Angebote beider Systeme erhalten und so sicherstellen, dass jeder Mensch die Möglichkeit hat, das für sich und seine Lebensform am besten geeignete Modell zu wählen. Beide Krankenversicherungen müssen zukunftsfest weiterentwickelt werden. In beiden Systemen gibt es Reformbedarf. Im Fall der Öffnung des Marktes muss die PKV verpflichtet werden, jeden Antragsteller im Basistarif zu versichern. Die gesetzlichen Kassen sollen mehr Selbstständigkeit bei Tarifoptionen und Leistungsangeboten bekommen, um den immer individuelleren Bedürfnissen ihrer Versicherten entgegenzukommen. Es darf keine Diskriminierung oder Wettbewerbsverzerrung geben. Daher muss auch folgerichtig die Finanzierung von sogenannten versicherungsfremden Leistungen aus Bundeszuschüssen, für zum Beispiel Leistungen für Mutterschaft und Schwangerschaft oder die Familienversicherung von Kindern und Ehegatten, für alle Versicherten gelten oder für keinen. Die Versicherungen sollen miteinander in fairem und transparentem Wettbewerb stehen. Um das zu gewährleisten, sind die Effizienz und der Verteilungsmechanismus des Gesundheitsfonds rasch und gründlich zu überprüfen, um entstandene Marktverzerrungen und Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Vor allem ist der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (MorbiRSA), auf dessen Basis die Verteilung der Gelder aus dem Gesundheitsfonds an die einzelnen Krankenkassen vorgenommen wird, auf eine manipulationssichere Basis zu stellen.“

Hilde Mattheis (SPD):
„Die SPD ist der festen Überzeugung, dass unser Gesundheitssystem nur mit mehr Solidarität zukunftsfähig gemacht werden kann. Die Herausforderungen für unser Gesundheitswesen werden wir nur meistern, wenn die Lasten gerechter verteilt werden. D. h. alle Bürgerinnen und Bürger zahlen in ein Versicherungssystem ein, in dem die Beiträge nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip erhoben werden. Die SPD wirbt für die Einführung der paritätisch finanzierten Bürgerversicherung und damit für die Einführung eines einheitlichen Versicherungsmarktes, in dem jede und jeder nach seiner Leistungsfähigkeit Beiträge zahlt. Der Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds dient der Abgeltung von Aufwendungen der Krankenkassen für gesamtgesellschaftliche und damit versicherungsfremde Aufgaben. Er ist deshalb kontinuierlich notwendig.“

Morgen behandelt die Reihe das Thema Akademisierung der Gesundheitsfachberufe und stellt die jeweiligen Standpunkte der Parteien vor.

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