4. SHV-TherapieGipfel: Berufsattraktivität diskutiert

Nach dem Impulsvortrag des Bundesgesundheitsministers Prof. Dr. Karl Lauterbach beim 4. TherapieGipfel des Spitzenverbands der Heilmittelverbände (SHV) folgten zwei Expertenrunden dazu, wie die Berufe wieder attraktiver werden können. Ute Repschläger, Vorsitzende des Bundesverbandes selbstständiger Physiotherapeuten (IFK) und SHV-Vorstandsmitglied, begrüßte dabei ausdrücklich die Ankündigung von Minister Lauterbach, zeitnah Modellprojekte zum Direktzugang zu ermöglichen.

Sie erinnerte im Zuge dessen auch an die VAMOS Studie: Demnach würden viele Absolventen der Modellstudiengänge bedauern, dass sie nicht alles von dem, was sie im Studium gelernt haben, in der Praxis anwenden können. „Das frustriert verständlicherweise“, betonte sie. Ein Weg, um diesen Frust abzubauen, sei der Direktzugang. „Therapeuten könnten dann endlich viel freier arbeiten. Sie könnten selbst beurteilen, welcher Behandlungsweg sinnvoll ist, und viel mehr vom Erlernten einsetzen.“ Sobald die Politik ein Modellprojekt ermögliche, „werden wir eins durchführen“, stellte sie klar.

Andreas Brandhorst, im Bundesgesundheitsministerium als Referatsleiter unter anderem für die Heilmittelversorgung zuständig, setzte sich ebenfalls für mehr therapeutische Freiheiten ein. „Neben einer guten Ausbildung und einer guten Vergütung sind auch Autonomiespielräume sehr wichtig“, so Brandhorst. Analog zu Lauterbach ging auch er davon aus, dass die Möglichkeit, Modellvorhaben zum Direktzugang umzusetzen, wohl im kommenden Jahr seinen Weg in das Bundesgesetzbuch finden werde. Wichtig sei zudem eine angemessene Vergütung. „Menschen, die in die Berufe der Heilmittelerbringer gehen, sind motiviert, mit und für andere zu arbeiten. Aber letztendlich möchte man auch vernünftig bezahlt werden für das, was man da macht.“ Seit 2016 habe sich immerhin schon einiges getan und die Vergütung der angestellten Therapeuten sei deutlich gestiegen. Gleichzeitig stelle sich aber auch die Frage: Wie viel Wertschätzung erfahre ich dort? Welchen Stellenwert habe ich im Gesundheitssystem?

„Die Heilmittelberufe müssen attraktiver werden, durch mehr Verantwortung, mehr Anerkennung und eine bessere Vergütung“, fasste Andreas Pfeiffer, Vorsitzender des SHV und des Deutschen Verbandes für Ergotherapie (DVE), die Situation der Heilmittelberufe in seinem Statement zusammen. Es brauche zudem eine zeitgemäße Ausbildung und somit dringend eine Reform der massiv veralteten Ausbildungsordnungen.

Der Weg dorthin führt für Uwe Eisner, stellvertretender Vorsitzender von PHYSIO-DEUTSCHLAND, über die Vollakademisierung aller Therapieberufe: „Wir müssen unser Tun ständig reflektieren. Wir müssen aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse in die Versorgung einbringen, um den schnellen Veränderungen und den gesellschaftlichen Anforderungen Rechnung zu tragen“, betonte er in seinem Statement zu Beginn der Diskussion. Die Verbände haben für den Transformationsprozess Vorschläge erarbeitet und beim Ministerium eingereicht. Daran müsse nun weitergearbeitet werden, um die Zukunft des Berufes zu gestalten.

„In allen Heilmittelbereichen haben Modellstudiengänge bereits gezeigt, dass eine hochschulische Ausbildung die notwendigen praktischen und theoretischen Kompetenzen für die veränderten Anforderungen vermittelt“, pflichtete Katrin Schubert, Bundesvorsitzende des Deutschen Bundesverbands für akademische Sprachtherapie und Logopädie (dbs), ihm bei. Die Modellstudiengänge müssten nun endlich durch eine Reformierung der Berufsgesetze dauerhaft geregelt werden.

In der zweiten Diskussionsrunde ging es primär um den Verbleib im Beruf. Aktuelle Themen wie die Digitalisierung, der Abbau von Bürokratie und mehr Autonomie in der Gestaltung der Therapie spielen – neben einer angemessenen Vergütung – aus Sicht des SHV eine wichtige Rolle, um möglichst vielen Therapeuten gute Rahmenbedingungen für die Ausübung des Berufs zu ermöglichen. Dabei schreite die Digitalisierung viel zu langsam voran, obwohl es gerade hier deutliches Potenzial für einen Bürokratieabbau gebe, befand Pfeiffer. Das sei vor allem vor dem Hintergrund des Mangels an Fachkräften und Finanzierung unabdingbar, betonte er und erntete Zustimmung von Hans Ortmann, Bundesvorsitzender des VPT. „Unsere Zeit wird viel zu oft von Verwaltung und Nebentätigkeiten vergeudet. Statt zu therapieren, sind wir mit unnötiger Bürokratie beschäftigt“, so Ortmann. Zudem würden aus Sicht des SHV Therapierende von einem überbordenden Regelwerk oder einer Beschränkung der engen Kassenlage ausgebremst. Dadurch nehme die Berufszufriedenheit ab und viele Therapeuten würden den Beruf verlassen.

Zum Thema Bürokratieabbau sah Elke Maßing, Referatsleiterin Heilmittel beim GKV-Spitzenverbandes, ebenfalls noch viel Potenzial. Vielleicht funktioniere das mit dem eRezept und der elektronischen Patientenakte bald besser, hoffte sie: „Wenn das einmal läuft, können wir ein Stück Bürokratie abbauen und den Beruf wieder interessanter machen.“ Sie erinnerte jedoch auch daran, dass Therapierende inzwischen einige Änderungen selbst auf der Verordnung vornehmen dürften. Dadurch habe sich die Situation aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes bereits verbessert.

Den Wunsch nach einer höheren Vergütung konnte Elke Maßing grundsätzlich nachvollziehen. Sie erinnerte jedoch daran, dass die Kassen zu einer wirtschaftlichen Mittelverwendung verpflichtet seien und die GKV bereits jährlich über zehn Milliarden Euro für die Heilmittelversorgung ausgebe. "Das sind knapp vier Prozent der Gesamtausgaben“, erklärte Maßing.

Nach dem TherapieGipfel ist vor dem TherapieGipfel

Am Ende des TherapieGipfels steht fest: Der Minister wird sich in den nächsten Wochen und Monaten an seinen Ankündigungen messen lassen müssen. Der SHV wird mit seinen fünf Mitgliedsverbänden weiter konstruktiv an Lösungen arbeiten, die die Therapieberufe attraktiver machen und bessere Rahmenbedingungen für alle Berufsangehörigen schaffen. Weitere Informationen über die Positionen des SHV und dessen Arbeit finden Interessierte immer aktuell unter www.shv-heilmittelverbaende.de.

Zum Artikel zur Rede von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach und zur Bildergalerie des 4. SHV-TherapieGipfels geht es hier.

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