IFK-Pressemitteilung: Sicher durch den Winter - Physiotherapie bei Gangunsicherheit

In der dunklen und nass-kalten Jahreszeit ist es schnell passiert: Feuchtes Laub auf dem Boden, eine vereiste Pfütze auf dem Gehweg oder in der frühen Dämmerung den Bordstein nicht richtig gesehen und schon ist man gestürzt. In Deutschland gibt es jährlich etwa eine halbe Million Krankenhauseinweisungen, die unmittelbar auf einen Sturz zurückzuführen sind.

Vielfältige Ursachen

Besonders ältere Menschen sind häufig nicht mehr so fit und dadurch gefährdet, zu stürzen. Neben Knochenbrüchen oder Kopfverletzungen können auch der Verlust des Selbstvertrauens und der Selbstständigkeit Folge von Stürzen im höheren Alter sein. Aber warum stürzen ältere Menschen überhaupt schneller? Gründe dafür können altersbedingte Veränderungen des Gleichgewichts, der Muskelkraft oder der Sehkraft sein. Auch chronische Erkrankungen, Nebenwirkungen von Medikamenten sowie Umweltgefahren, zum Beispiel Nässe, Glätte und Dunkelheit in der kalten Jahreszeit, begünstigen Stürze und daraus resultierende Verletzungen.

Diagnose: Gangunsicherheit

„Nehmen wir als Beispiel eine ältere Patientin, die nicht mehr so gut zu Fuß ist, sich nicht mehr so viel bewegt. Da ist die Gefahr zu stürzen höher als bei jemandem, der im gleichen Alter noch viele Wege zu Fuß erledigt und einen besseren Allgemeinzustand hat“, erklärt Ute Repschläger, Physiotherapeutin und Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands selbstständiger Physiotherapeuten. Wenn dann auch noch Erkrankungen wie zum Beispiel Osteoporose, also eine verminderte Knochendichte, ins Spiel kommen, kann ein Sturz zu schwerwiegenden Verletzungen führen. „In unserem Beispiel ist die Patientin ausgerutscht, gestürzt und hat sich dabei – glücklicherweise – nur eine Rippe gebrochen. Bei der Behandlung stellt ihr Arzt eine sogenannte Gangunsicherheit fest und verordnet Physiotherapie“, so Repschläger weiter. Eine Gangunsicherheit ist eine nicht näher bezeichnete Störungen des Ganges und der Mobilität, die die Beweglichkeit des Patienten einschränkt. In der physiotherapeutischen Behandlung werden – nach individueller Befundung des Therapeuten – Koordination und Gleichgewicht des Patienten trainiert.

Physiotherapeutische Anleitung vor und nach Stürzen

Bei vielen Diagnosen arbeiten unterschiedliche Professionen zusammen daran, den Patienten möglichst schnell wieder fit zu machen oder ihm das Leben zu erleichtern. Wie diese Zusammenarbeit aussehen kann, legen dabei sogenannte Leitlinien fest. Die globale Leitlinie zur Sturzprävention und -behandlung wurde von Experten verfasst und gibt unter anderem Empfehlungen zur Vorbeugung von sowie zur Therapie nach Verletzungen durch Stürze. Sie empfiehlt beispielsweise regelmäßige körperliche Betätigung, um Kraft, Gleichgewicht und Beweglichkeit zu erhalten oder zu verbessern. Dabei können Physiotherapeuten gezielt unterstützen, indem sie auf Grundlage der körperlichen Funktionstests des Ganges und des Gleichgewichts geeignete Übungen auswählen und anleiten. „Das können Kräftigungsübungen der Bein- und Rumpfmuskulatur, aber auch Koordinations- und Gleichgewichtsübungen auf unebenen Untergründen wie beispielsweise Weichmatten sein, um die Standsicherheit zu trainieren“, so die Physiotherapeutin Repschläger. „Welche Übungen genau Sinn machen, hängt dabei von der individuellen Situation und körperlichen Verfassung des Patienten ab.“ Im Verlauf der Therapie kann der Schwierigkeitsgrad je nach Fortschritt angepasst werden. Dabei sollten die Übungen aber nicht nur in der Therapie, sondern auch zuhause durchgeführt werden. Hierfür erarbeitet der Physiotherapeut mit dem Patienten ein individuelles Heimübungsprogramm. In das Training können dabei auch Aktivitäten des täglichen Lebens wie das Treppensteigen integriert werden.

Auch zuhause sicher unterwegs

Neben dem Training gehört auch eine Beratung in Bezug auf eine Sturzprävention zu einem ganzheitlichen Behandlungsprogramm. Betroffene sollten darüber aufgeklärt werden, wie das häusliche Umfeld und der Alltag gestaltet werden können, um Stürze – auch zuhause – zu vermeiden: Patienten mit Gangunsicherheiten sollten beispielsweise darauf achten, lose Teppiche in der Wohnung zu vermeiden, in Bereichen mit Rutschgefahr (Treppenhäuser, Badezimmer) sollten Handläufe angebracht bzw. genutzt werden. Eine angemessene Beleuchtung in Fluren, Treppenhäusern und Kellern hilft ebenfalls bei der Vermeidung von Stürzen. Hilfsmittel wie Gehhilfen oder Rollatoren können älteren Menschen zusätzliche Unterstützung und Stabilität bieten. Diese Hilfsmittel können durch den behandelnden Arzt verordnet werden. Der Umgang mit den Hilfsmitteln kann dann beispielsweise mit dem Physiotherapeuten geübt werden. „Ziel ist es, eine möglichst hohe Sicherheit in Gang und Stand zu erreichen, damit die Patienten weiterhin am täglichen Leben teilnehmen können, dazu zählt auch mal ein Einkauf bei Regen oder ein Termin trotz leichtem Schneefall“, so Repschläger. „Am wichtigsten ist aber natürlich die Eigensicherung – das gilt aber für alle Altersgruppen.“ 

 

 

 

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